DAS KARPALTUNNELSYNDROM IN DER SCHWANGERSCHAFT UND STILLZEIT
Das Karpaltunnelsyndrom ist – nach Rückenschmerzen – tatsächlich das zweithäufigste Problem des Bewegungsapparates während der Schwangerschaft. Bis zu 60% der schwangeren Frauen erleben die typischen Beschwerden eines Karpaltunnelsyndroms wie Einschlafen der Hände nachts, im Vergleich dazu liegt die Häufigkeit in der Allgemeinbevölkerung bei ca. 10 %. Die Beschwerden können treten relativ gleich verteilt zwischen dem ersten (32%), zweiten (32%) und dritten Drittel (35%) der Schwangerschaft auf und nehmen typischerweise im Verlauf zu. Auch ein Beginn erst nach der Geburt oder während der Stillzeit sind möglich. Fast alle Patientinnen haben das typische Kribbeln oder nächtliches Einschlafen der Hände(88%), bei 2/3 sind beide Hände betroffen. Ebenfalls 2/3 der Patientinnen haben Schmerzen im Bereich des Handgelenks – was häufiger ist als bei Betroffenen ohne Schwangerschaft.

Warum des Karpaltunnelsyndrom in der Schwangerschaft so häufig ist, dazu existieren verschiedene Theorien. Die gängigste geht davon aus, dass die vermehrte Einlagerung von Flüssigkeit ins Gewebedazu führt, dass der Druck im Karpaltunnel steigt und die Symptome auftreten. Andere Überlegungen drehen sich um den veränderten Hormonhaushalt, der eine Auswirkung auf die Dicke der Sehnen haben könnte, die den Medianusnerv durch den Karpaltunnel begleiten, oder auch die Veränderung der Schlafposition. Für ein Karpaltunnelsyndrom, das nach der Entbindung beginnt, könnte die Handhaltung beim Stillen mit verantwortlich sein. Das Rästel ist aber derzeit nicht entgültig gelöst…
Die Diagnosestellung des Karpaltunnelsyndroms während der Schwangerschaft und Stillzeitunterscheidet sich nicht von der in der Allgemeinbevölkerung. Ausschlaggebend ist die detaillierte Erhebung der Beschwerden durch behandelnde Ärztin/behandelnden Arzt, sowie eine eingehende Untersuchung der Hand um mögliche bereits eingetretene Schäden zu festzustellen. Im Anschluss sollte eine Neurographie (Nervenmessung) zur Bestätigung, Dokumentation und Graduierung durchgeführt werden, welche auch in der Schwangerschaft problemlos möglich ist. Erwähnenswert erscheint, dass fast alle Frauen gegen Ende der Schwangerschaft in der Neurographie veränderte Meßwerte zeigen, die einem Karpaltunnelsyndrom entsprechen – sogar, wenn sie keine Beschwerden haben. Auch der Ultraschall der Nerven hat sich als zuverlässig in der Diagnosestellung erwiesen.

Für die Behandlung des Karpaltunnelsyndroms während der Schwangerschaft kommen vorwiegend die sogenannten konservativen Therapiemaßnahmen zum Einsatz. Klassischerweise beginnt die Behandlung mit der Lagerungsschiene oder lokalen Laser- oder Ultraschalltherapie. Wenn diese nicht hilft kann – wenn von gynäkologischer Seite möglich – auch Kortison in den Karpalkanal verabreicht werden.
Sollten die Symptome fortschreiten und nicht auf die genannten Maßnahmen ansprechen, würde aber jedenfalls auch die Operation in Erwägung gezogen werden. In den meisten Fällen kann diese nach der Entbindung statt finden.
Die Prognose des Karpaltunnelsyndroms während Schwangerschaft und Stillzeit ist grundsätzlich gut.Die Beschwerden nehmen üblicherweise im Laufe der Zeit ab, aber bei weitem nicht immer verschwindet das Karpaltunnelsyndrom vollständig. Eine Langzeitstudie konnte zeigen, dass die Hälfte der Frauen, die ein Karpaltunnelsyndrom während der Schwangerschaft entwickelten, drei Jahre später noch immer Symptome dieses hatten. Eine frühzeitige Behandlung ist also auch in dieser Gruppe von Patientinnen anzustreben.
Priv. Doz. Dr. Doris Lieba-Samal
Spezialistin für die Diagnose und Behandlung des Karpaltunnelsyndroms
Als spezialisierte Neurologin biete ich Ihnen fundierte Diagnosen und individuelle Therapien für das Karpaltunnelsyndrom und verwandte Nervenbeschwerden. Vertrauen Sie auf mein Wissen und meine Erfahrung, um Ihre Beschwerden zu lindern und Ihre Lebensqualität zu verbessern.
Mit meiner Spezialisierung auf das Karpaltunnelsyndrom unterstütze ich Sie kompetent auf Ihrem Weg zu Linderung und Heilung. Von der Diagnose bis zur individuellen Therapieplanung stehe ich Ihnen zur Seite.
Referenzen:
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